Radfahren ist das neue Schifahren. Davon bin ich überzeugt. Nur, dass Radfahren viel mehr kann: Es ist nicht einfach Jahreszeit-unabhängige Fortbewegung – es ist Transport von Mensch und Material im Alltag, es ist Sonntagsausflug oder Alle-Tage-Arbeitsweg, es ist Sport oder Freizeitvergnügen (doch, doch – angesichts manch schmerzverzerrter Fratzen von „Sports-Geistern“, die einem am Radweg begegnen, scheint es tatsächlich ein Widerspruch zu sein),…
…es ist Kopf-frei-Training oder Muskelnutzung, es ist… für jeden Menschen anders. Für mich ist es zu purer Lust geworden, zum täglichen Genuss je nach Laune und Anlass, niemals ein „Muss“ sondern einfach Spaß und Vergnügen, oft genug ein prickelndes „mich richtig Spüren“.
Meine Leidenschaft für's Radfahren hat – wie so Vieles in meinem Leben – mit Männern zu tun.
#1 logischerweise mit meinem Papa.
Er lehrte mich schon in sehr jungen Jahren, dass regelmäßige Bewegung Geist und Gemüt reinigt, Körper und Willen trainiert. Bereits als Kleinkind hatte ich ein schnittiges Rad (rot und ohne Stützen!), das mir anfangs zu groß war, aber meine Sturzvermeidung-Taktik beflügelte. Dann als sehr junges Mädchen flitzte ich mit meinem dottergelben, damals supermodernen 5-Gang-Rad ganze Nachmittage Kilometer weit zig Hügel rauf und runter; unfallfrei ohne Rücktritt. Letzteres will ich deshalb betonen, weil in der Männchen-dominierten, Charme-freien Radwelt der Provinz immer schon die Überzeugung herrschte, dass aufgrund vermeintlich genetisch bedingter Technik-Minderleistungsfähigkeit der Zielgruppe „Damen“ deren komplementären „Damenräder“ einfachst ausgeführt sein sollten. Neben sittlich vertretbarem Aufsteigen im Stange-freien Beinraum und der aufrechten Sitzhaltung, zählte der simple Bremsmechanismus „Stopp ist in die andere Richtung von Fort-Bewegung“ zum Standard anno 1973. Zwei Seilbremsen und Zahnrad-Schaltung aber gehörten zur Ausstattung meines Damen(!)Rads, das ich grad zfleiss „Bruno“ getauft hatte, nach Bruno Pezzey, der allerdings Fußballspieler war, auf der Libero-Position spielte… Wurscht, denn so oft wie möglich war ich ohnehin mit dem väterlichen Rennrad unterwegs – es ermöglichte mir die Flucht aus der Enge einer Welt von politisch Korrekten in Käfighaltung der sozialen Kontrolle.
Übrigens: Ein Radunfall riss meinen Papa aus dem Leben als er 56 Jahre alt war.
#2 wenig überraschen darf "amore mio" nicht fehlen.
In meinem Fall lässt sie sich unter dem Titel Radsportliebe subsumieren: Der Mann als solcher, der Sport als solcher und Radfahren per se, meine andauernde Liebe zu allen, in Letzterem konnte ich Seelenheil ohne Abaufdatum finden,
Übrigens: Seinerzeit schrieb ich als freie Journalistin Radsport-Sachen, fotografierte bei Rennen, berichtete in einem Special-Interest-Magazin und war bei der Organisation des ersten Profi-Radrennens in Österreich sowie einer der ersten Radmarathon-Veranstaltungen involviert.
#3 wurzelt in Zäsuren, in privaten und beruflichen Sackgassen, in gesundheitlichen Weckrufen.
Wenn man(n) sagt, dass ich in meinem Alter keine Chance auf einen interessanten Job oder einen Neustart hätte, dann macht mich das „sehr fokussiert“ (PR-Version von stur) – wie immer schon, wenn man(n) mir sagte, wozu ich nicht imstande wäre. Dann kreisen Ideen und Gedanken in meinem Kopf, werden immer schneller bis ich abhebe und der Körper neues Spüren braucht. Kürzlich resultierte dies in einem Asphalt-Köpfler vom Rad, der Verletzungen zur Folge hatte, die nachhaltig wach rüttelten. Und das gleich einmal auf allen zitierten Ebenen.
Fazit: Wer will in einem Nicht-Beziehung-Nebeneinander oder in irgendeinem Job nur leere Kilometer seines Lebensweges verschwenden? Eben. Drum mache ich endlich das, was ich immer schon tun wollte: Geschichten erzählen, für's Erste einmal Rad-Geschichten. Viel Spaß damit.